Press Release

Schweizer Restrukturierungskonferenz macht deutlich: Multiple Krisen fordern tiefgreifende wirtschaftliche und demografische Reformen

19. Juli 2022
  • Marktinflation, Klimawandel und geopolitische Unruhen als zentrale Treiber der zukünftigen Weltwirtschaftslagen
  • STA-Restrukturierungskonferenz zeigt, der Handlungsdruck in Unternehmen steigt, aber Unternehmen die diesen Trend annehmen agieren erfolgreich
  • Neben dem Management von Unternehmen ist auch die Regulatorik gefordert, um für die zunehmenden Krisen wetterfest zu werden

Zürich, 19. Juli 2022 – Gerade erst hatte in der Schweizer und globalen Wirtschaft die Erholung von der Corona-Pandemie begonnen. Nun stellen die drohende Inflation, der Ukraine-Krieg, die weltweite Konjunkturabschwächung und die Bedrohung der Energieversorgung Unternehmen er-neut vor immense Hürden. Der Druck auch auf die bisher durchaus krisenresistente Schweizer Wirtschaft steigt – das verdeutlichte die am 23. Juni stattgefundene National Convention der Swiss Turnaround Association (STA). In Zürich tagte zum zweiten Mal die Schweizer Dependance der weltweit führenden Turnaround Management Association (TMA) zu wichtigen Restrukturierungs-fragen.

Multiple Krisen als New Normal
„Was wir gerade erleben ist das Zusammentreffen von Krisen binnen kürzester Zeit und einer bis dato unvorhersehbaren globalen Reichweite“, erklärt STA-Präsident Dr. Roger Bischof. „Bislang haben es zwar viele Unternehmen geschafft, die enormen Herausforderungen der vergangenen zwei Pandemiejahre zu bewältigen. Die angespannte Lage am globalen Energie- und Lebensmit-telmarkt, explodierende Ölpreise sowie die steigende Inflation verdeutlichen, dass wir in Zukunft mit weiteren, sich häufenden Krisen rechnen müssen“, so Bischof weiter. Das bestätigt auch die aktuelle Turnaround- und Restrukturierungsstudie 2022 der internationalen Beratung Alix-Partners, der zu Folge in den nächsten 24 Monaten eine weltweite Rezession zu erwarten ist. „Die Schweiz ist in der Bewältigung von Krisen erfahrungsgemäss solide. Doch auch wenn das Ausmass der globalen Rezession noch nicht eindeutig abschätzbar ist, werden wir die Folgen auch hier zu Lande zu spüren bekommen. Für Branchen wie Tourismus und Handel, die bereits durch die Corona-Pandemie besonders gefordert waren, bedeutet das eine erneute Verschärfung der Situa-tion“, ergänzt Beatrix Morath, Country Head Schweiz bei AlixPartners. Hinzu kommt für viele pro-duzierende Unternehmen auch noch die Unsicherheit der Energieversorgung.

Restrukturierung bleibt ein Dauerthema
„Die Finanzmärkte agieren als Barometer für die Realwirtschaft. Die Bewertungsschwankungen, die wir in letzter Zeit beobachten konnten, spiegeln die Unsicherheiten im Markt – Nachfrage-schwankungen, die enormen Defizite globaler Lieferketten in Folge des Krieges und der hinzukom-mende Fachkräftemangel sind allesamt Faktoren, die sich letztendlich auf die Unternehmen aus-wirken werden. Und das nicht nur temporär“, erklärt Bischof. „Der Druck zu mehr Nachhaltigkeit wächst kontinuierlich und die steigenden Kosten für die Einhaltung von ESG-Richtlinien sorgt für eine zusätzliche Verschärfung“, erklärt Dr. Karsten Lafrenz, Managing Director und Restrukturie-rungsexperte bei AlixPartners. Vor diesem Hintergrund wird die Finanzierung von Unternehmen zunehmend schwieriger – Liquidität ist nicht nur weniger verfügbar, sondern wird mit zunehmendem Zinsniveau auch teurer. Damit steigt auch für Unternehmen in der Schweiz der Anpassungsdruck. Dass diesem nicht nur durch Kostensenkungen entgegengewirkt werden kann, zeigen Beispiele aus der Schweizer Uhrenindustrie, wo mit gezielten Innovationen und intelligentem
Marketing Unternehmen wiederbelebt werden konnten, wie Jean-Claude Biver, ehemaliger CEO und Verwaltungsrat bekannter Schweizer Marken auf der STA-Veranstaltung veranschaulichte. Dennoch bleibt auch für viele Unternehmen eine weitgehende Anpassung von Kosten und Strukturen notwendig. Humphrey Nokes, Structuring Partner bei Bootstrap Europe, referierte zu den DO's and DONT's der Durchführung von Turnarounds.

Sofern dies nicht im Konsens mit allen Beteiligten möglich ist, werden Unternehmen auch gezwungen sein, gerichtliche Verfahren zu nutzen. Dabei haben einige promiente Fälle in der Corona-Zeit aber auch die Grenzen des Schweizer Nachlass- und Konkursverfahrens aufgezeigt. „Insbesondere die starke Fokussierung auf einzelne Gesellschaften macht die Restrukturierung von international agierenden Gruppen im Rahmen der Schweizer Verfahren schwierig“, wie Dr. Benedikt Maurenbrecher, Partner der Kanzlei Homburger anfügt. Sein Kollege Dr. Stefan Kramer ergänzt: „Ausländische Verfahren, insbesondere das ‚Scheme of Arrangement‘ und der ‚Restructuring Plan‘ in Grossbritannien, können daher auch für Gruppen mit Schweizer Unternehmen eine interessante Alternative sein“. Die Beispiele von Gategroup und Swissport zeigen, dass zwei prominente Gruppen mit Schweizer Unternehmen den Gang nach London angetreten haben. „Die britischen Verfahren bieten den Unternehmen verhältnismässig viele Möglichkeiten, eine finanzielle Restrukturierung mit der Unterstützung wichtiger Gläubiger durchzuführen. So können die betriebswirtschaftlichen Ziele bestmöglich erreicht werden“, erklärt Dr. Lafrenz von AlixPartners.

Arbeit nicht nur für die Unternehmen – auch die Regulatorik ist gefordert
Der Präsident der STA rief im Rahmen der Jahrestagung die Unternehmen zum Handeln auf: Es sei jetzt entscheidend, die Resilienz der Unternehmen zu stärken: „Wir werden auch in Zukunft mit multiplen Krisen konfrontiert sein – und diesen müssen Unternehmen mit einem ausreichenden Mass an Resilienz begegnen. Businesspläne, Rettungsmechanismen und Wirtschaftsmodelle müssen auf eine Art und Weise überdacht werden, die es bisher nicht gab“, so Bischof. Profitieren werden vor allem jene Unternehmen, denen es gelingt, mit Geschwindigkeit, Weitblick und klarer Handlungsorientierung den Widrigkeiten zu begegnen, erklärt Lafrenz: „In disruptiven Zeiten hat Resilienz eine ganz andere Bedeutung und Gewichtung bekommen. Die vergangenen Jahre haben uns gezeigt, wie schwerwiegend die Folgen wirtschaftlicher Unruhen für Unternehmen sein können – sie bieten aber auch die Möglichkeit, zukünftig noch besser und vor allem schneller mit innovativen Ansätzen auf solche Ereignisse zu reagieren.“

Aber auch die Regulatorik muss „wetterfest“ gemacht werden. Die Regierungen – auch in der Schweiz – müssen die liquiditätsorientierten Stimuli der Corona-Zeit nachhaltig um ökonomische und demographische Reformen weiterentwickeln, fordert der Präsident der STA. Für die Schweiz stellt sich zukünftig ebenso die Frage, ob auch der rechtliche Rahmen für Restrukturierungen weiterentwickelt werden muss, damit auch die Unternehmen hierzulande attraktive Möglichkeiten zur finanziellen Restrukturierung finden und nicht auf ausländische Verfahren ausweichen.

Über Swiss Turnaround Association
Die Swiss Turnaround Association (STA) ist eine Vereinigung von Fachleuten auf dem Gebiet der Unternehmensrestrukturierung und -sanierung. Die Vereinigung organisiert Veranstaltungen, um den fachlichen und gesellschaftlichen Austausch ihrer Mitglieder zu fördern. Sie ist das nationale Chapter der international tätigen Turnaround Management Association (TMA) mit Sitz in Chicago.
www.swiss-turnaround.ch / www.tma-europe.org / www.turnaround.org

Über die „AlixPartners Turnaround- & Restrukturierungsstudie 2022“
Die jährliche „AlixPartners Turnaround- & Restrukturierungsstudie“ befragt bereits zum 17. Mal führende Restrukturierungs- und Transformationsexperten in mehreren Ländern nach ihrer Einschätzung der Weltwirtschaft. Dabei geht es um deren Meinung zur Entwicklung der globalen Wirtschaft sowie um branchentypische Tendenzen und Trends. Zudem werden, sowohl gesamtwirtschaftlich als auch in unterschiedlichen Branchen, dringende Notwendigkeiten für Veränderungen und Umstrukturierungen diskutiert. Die Ergebnisse der globalen Studie finden Sie hier: https://features.alixpartners.com/storm/

Über AlixPartners
Die global agierende Beratung AlixPartners steht für die ergebnisorientierte Unterstützung namhafter Mandanten bei zeitkritischen und komplexen Transformations- und Ertragssteigerungsprogrammen. Tiefgreifende Branchenexpertise und funktionale Kompetenz sowie die Kenntnis der Hebel erfolgreicher Restrukturierung ermöglichen es AlixPartners, den Wandel von Gross- und mittelständischen Unternehmen zielgerichtet zu begleiten. Mit über 2.500 Mitarbeitern ist AlixPartners weltweit in 24 Büros vertreten, darunter seit dem Jahr 2014 auch mit einem eigenen Büro in der Schweiz. AlixPartners-Berater arbeiten an herausfordernden Projekten, die die Zukunft von Unternehmen massgeblich beeinflussen, oft in kritischen Situationen, bei denen viel auf dem Spiel steht – When it really matters. www.alixpartners.com

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