Restrukturierungs-Studie 2025: 7 von 10 deutschen Führungskräften erwarten eine Rezession – 96 % sehen Automobilbranche weiter in der größten Krisengefahr

11. Juni 2025
  • AlixPartners-Umfrage: 75 % der deutschen Befragten gehen von Zunahme der außergerichtlichen Restrukturierungen aus
  • Geopolitik und Regulatorik zentrale Krisenursachen
  • Künstliche Intelligenz weckt Optimismus

MÜNCHEN, 11. Juni 2025 – Die 20. globale „Turnaround & Transformation Survey“ des Beratungsunternehmens AlixPartners verdeutlicht: In einem von zahlreichen Unsicherheiten geprägten Jahr haben die Herausforderungen weltweit und über Branchen hinweg zugenommen. Wirtschaftliche und geopolitische Spannungen belasten dabei vor allem Unternehmen, die bereits unter finanziellem oder operativem Druck stehen. Die globale Befragung führender Restrukturierungsexperten (u.a. Kreditgeber, Banker, Anwälte) befasst sich mit Sektoren, die am ehesten mit Schwierigkeiten konfrontiert sein werden.

Zusammenfassung: Zentrale Erkenntnisse der Befragung unter den teilnehmenden Experten aus Deutschland

  • 96 % der deutschen Befragten sehen die globale Automobilbranche 2025 in der größten Krisengefahr. Die verarbeitende Industrie (43 %) und der Einzelhandel (38 %) folgen mit deutlichem Abstand.
  • Die Gesamtprognose für Deutschland fällt alarmierend aus: 75 % erwarten eine Rezession. Eine deutliche Mehrheit (76 %) glaubt, dass die Zahl der außergerichtlichen Restrukturierungen in den nächsten zwölf Monaten zunehmen wird. Mehr als die Hälfte sieht geopolitische Brüche als zentrale Ursache für Krisen, am zweithäufigsten wird Regulatorik (inkl. Zölle) genannt.
  • Mit Blick auf Kapitalkosten gehen 71 % der befragten Expertinnen und Experten von einer weiteren Verteuerung der Finanzierungen aus. Zugleich wird nicht mit einer Entspannung bei der Verfügbarkeit von Kapital gerechnet – nur 10 % erwarten hier eine Verbesserung.
  • Drei Viertel rechnen mit einem Rückgang der Beschäftigung in Deutschland, 60 % zugleich mit steigenden Personalkosten.

Geopolitische Spannungen als Krisentreiber

Mehr als ein Dutzend Staaten haben im vergangenen Jahr einen Wechsel an der Regierungsspitze vollzogen, was auf einen bedeutenden politischen Wandel sowie auf sich verändernde Machtverhältnisse hinweist. Angespannte Handelsbeziehungen und globale Konflikte, die durch regulatorische Veränderungen wie Zölle noch verstärkt werden: 97 % der deutschen Restrukturierungsexperten gehen davon aus, dass geopolitische Störungen direkter Auslöser für zunehmende Unternehmensnotlagen sein werden. Dieses Umfrageergebnis wird durch die Ansicht von 71 % der Befragten gestützt, dass Unterbrechungen der globalen Lieferketten in den nächsten zwölf Monaten zunehmen werden.

In Deutschland rechnen 64 % mit einem Rückgang des heimischen Wirtschaftswachstums (global: 70 %; USA: 80 %). Drei Viertel erwarten eine Rezession innerhalb der nächsten zwei Jahre. Die Hälfte der Befragten (51 %; global: 65 %) geht von einem Anstieg der Inflation in Deutschland aus.

Automobilsektor in Deutschland weiterhin gefährdet

Branchen, die bereits mit instabilen Lieferketten, Margendruck und strukturellem Wandel zu kämpfen haben (verarbeitende Industrie, Einzelhandel, Energiewirtschaft, Logistik), sind nun gezwungen, in den Überlebensmodus zu wechseln. Die globale Automobilindustrie ist aus deutscher Perspektive am stärksten gefährdet: Bemerkenswerte 96 % der hierzulande Befragten (global: 66 %) gaben an, dass diese im Jahr 2025 am ehesten mit erheblichen Problemen konfrontiert sein wird. Dahinter folgen die verarbeitende Industrie (43 %), der Einzelhandel (39 %), Gewerbeimmobilien (21 %) und Konsumgüter (21 %).

„Der Handlungsdruck auf Autozulieferer ist enorm hoch. Die Herausforderungen der vergangenen Jahre verstärken sich aktuell zusätzlich durch veränderte Marktbedingungen in China, wachsende chinesische Konkurrenz, geopolitische Unsicherheiten und nicht zuletzt durch die US-Zollpolitik“, betont Jens Haas, Co-Head Turnaround und Restrukturierung bei AlixPartners in der DACH-Region. „Die Kassen sind mittlerweile allerdings oft leer und neue Finanzierungen schwierig und teuer, insbesondere für diejenigen, die sie am dringendsten benötigen. Erforderliche Transformationen sowie operative und finanzielle Restrukturierungen müssen schnell und konsequent angegangen werden. Die rechtzeitige Einbeziehung der wesentlichen Stakeholder ist ein zentraler Erfolgsfaktor.“

Personalabbau und Kostendruck im Fokus

Eine große Mehrheit der Befragten (76 %) rechnet mit einem Rückgang der Mitarbeiterzahl, was auf eine weit verbreitete Erwartung von Stellenstreichungen oder Personalabbau hindeutet. Dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, dass gleichzeitig 60 % einen Anstieg der Personalkosten in den nächsten zwölf Monaten erwarten.

Für Unternehmen, die vor einer Restrukturierung stehen, bleibt die größte Herausforderung die Sicherstellung ausreichender Liquidität (61 %), danach folgen Kostenreduzierung (56 %) und die Flexibilität/Agilität des Managements (35 %). In Deutschland wird zudem der Fachkräftemangel als drängenderes Problem eingeschätzt als im globalen Vergleich (30 % zu 18 % global).

Die Erwartung einer Kreditverknappung steigt in diesem Jahr wieder an, nachdem sie in der Umfrage für 2024 zurückgegangen war – die erneute Sorge vor einer steigenden Inflation spiegelt sich in dieser Tendenz wider. Sieben von zehn Befragten rechnen damit, dass die Kapitalkosten steigen werden. Zwei Drittel erwarten restriktivere Kreditbedingungen in den kommenden zwölf Monaten.

86 % der deutschen Befragten sind überzeugt, dass Maßnahmen wie Laufzeitverlängerungen oder Kapitalerhöhungen die zugrunde liegenden operativen Probleme von Unternehmen in Notlagen nicht lösen – im Gegenteil: Sie führen nach Einschätzung der Expertinnen und Experten zu wiederkehrenden Notlagen innerhalb der kommenden drei Jahre.

Eine klare Mehrheit (76 %) rechnet zudem mit einem Anstieg außergerichtlicher Restrukturierungen in den kommenden zwölf Monaten. Die Studienautoren mahnen jedoch: Restrukturierung ohne klare strategische Ausrichtung birgt die Gefahr, bestehende Probleme langfristig zu verschärfen. Die Stimmung in der Branche ist eindeutig: „Amend & Extend“ sowie „Liability Management Exercises“ (LMEs) werden als Notlösungen angesehen, jedoch nicht als nachhaltige Strategien. Alle deutschen Befragten sind sich beim Rückblick auf das vergangene Jahr einig, dass „Amend & Extend“ und aktives Liability Management lediglich temporäre Entlastung gebracht haben.

„Wir erleben eine Phase akuter Unsicherheit, in der zahlreiche Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand stehen. Geopolitische Spannungen, volatile Märkte und ein sich ständig wandelndes regulatorisches Umfeld sorgen für einen gefährlichen Mix – insbesondere für Unternehmen mit komplexen Lieferketten und hohen Fixkosten. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen klar: Wer jetzt nicht handelt, verliert nicht nur Marktanteile, sondern gefährdet die eigene Existenz“, sagt Dr. Rainer Bizenberger, Co-Head Turnaround und Restrukturierung bei AlixPartners in der DACH-Region.

Künstliche Intelligenz weckt Optimismus

Der gezielte Einsatz von KI gilt längst nicht mehr nur als sinnvoll, sondern zunehmend als entscheidend für das Überleben und die erfolgreiche Sanierung eines Unternehmens. Ganze 84 % der hierzulande Befragten (global: 70 %) sehen in KI-Technologien eine konkrete Chance für Unternehmen in Notlagen.

„Angesichts der aktuellen Herausforderungen wird Technologie zum strategischen Dreh- und Angelpunkt: Künstliche Intelligenz und Automatisierung verschlanken Prozesse, verfeinern Prognosen und beschleunigen Entscheidungen“, erklärt Dr. Axel Schulte, EMEA Co-Leader of Turnaround & Restructuring bei AlixPartners. „Für viele Unternehmen in der Krise sind diese Möglichkeiten damit unverzichtbar, sie sind jedoch kein Allheilmittel. Erst wenn ihr Einsatz klaren Geschäftszielen folgt und von einer belastbaren Datenbasis gestützt wird, entfalten sie ihr volles Potenzial.“

Über die Umfrage

Die Umfrage für die 20. jährliche „Turnaround & Transformation Survey“ wurde zwischen dem 27. März und dem 13. April 2025 durchgeführt. Dabei wurden 371 führende Restrukturierungsexperten aus mehr als 20 Branchen in den USA, EMEA sowie Asien befragt.

Die vollständige Studie finden Sie hier.

 

Über AlixPartners

Expertise, Umsetzungsstärke, Verantwortung – AlixPartners steht für messbare Ergebnisse „when it really matters“. Als global agierende Unternehmensberatung helfen wir unseren Klienten dabei, schnell und entschlossen auf ihre wichtigsten Herausforderungen zu reagieren. Unsere erfahrenen Beraterinnen und Berater sind spezialisiert darauf, Unternehmenswerte zu schaffen, zu schützen und wiederherzustellen. Vom „manager magazin“ und der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management & Beratung (WGMB) wurde AlixPartners 2023 als umsetzungsstärkstes Beratungsunternehmen ausgezeichnet. Seit über 40 Jahren unterstützt AlixPartners seine Klienten – mit inzwischen rund 3.500 MitarbeiterInnen in 26 Büros weltweit.

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