Press Release

„AlixPartners Global Automotive Outlook 2019“ : Automobilindustrie auf dem Weg durch die „Margenwüste“

26. Juni 2019
  • Stagnierender bis schrumpfender Automobil-Weltmarkt für die nächsten zwei bis drei Jahre prognostiziert; Europa flacht mit schwachem Wachstum von max. 1% p. a. ab, USA mit rückläufigem Absatz. China schrumpft auch 2019
  • Massive Investitionen von über 245 Mrd. Euro in Elektromobilität und autonomes Fahren in den nächsten fünf Jahren notwendig
  • Die Folge: Drastisch sinkende Margen bei OEMs und Zulieferern führen zu Restrukturierungsbedarf und Marktkonsolidierung
  • Elektroantrieb in unumkehrbarem Markthochlauf: 2,7% weltweiter Marktanteil bei verkauften elektrifizierten Fahrzeugen und einer Steigerung von über 65% in 2018
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    München (26.06.2019) Die weltweite Automobilindustrie wechselt 2019 von langjährigem Wachstum in eine Phase der Stagnation, voraussichtlich verbunden mit rückläufigen Umsätzen in den nächsten zwei bis drei Jahren. So schalten wichtige Märkte wie Europa mit einem prognostizierten jährlichen Wachstum von 1,0% bis 2026 in den Leerlauf. Einen negativen Ausblick für diesen Zeitraum bietet der nordamerikanische Markt, für den nach einem leichten Rückgang bereits in 2018 ein weiterer Rückgang um rund 2 Mio. Fahrzeuge bis 2021 erwartet wird. China, bisher Wachstumsmotor der Branche, stottert mit einem Absatz von 27 Mio. verkauften Fahrzeugen im Jahr 2018 und einem erwarteten Rückgang um 2 Mio. verkaufter Einheiten bis 2020 ebenfalls. Auch die mittelfristige Perspektive für diesen Markt ist eher zurückhaltend: Absehbar werden wohl erst 2023 die Stückzahlen von 2018 wieder erreicht. Die Absatzschwäche fällt zusammen mit massiven Investitionen der Fahrzeughersteller und

    -zulieferer von weltweit mindestens 202 Mrd. Euro in den kommenden fünf Jahren, um den Technologiewandel zum Elektroantrieb und die Entwicklung, Produktion und Vermarktung der bis zu 300 geplanten neuen E-Fahrzeugen zu meistern. Hinzu kommen über 43 Mrd. Euro für die Entwicklung von Systemen für das autonome Fahren – auch wenn diese wohl deutlich später marktreif werden als bisher angenommen. Damit beträgt das anstehende Gesamt-Investitionsvolumen alleine in diese beiden Zukunftsbereiche von 2019 bis 2023 über 245 Mrd. Euro.

    Rückläufige Margen führen zu wachsendem Restrukturierungsbedarf

    Dieser finanzielle Kraftakt in einem flachen Markt ist für die kommenden Jahre toxisch für die EBIT-Margen der weltweiten Hersteller (OEMs) und Zulieferer. Lagen diese 2017 noch bei durchschnittlich 5,7% (Top 25 Hersteller) bzw. sogar 7,7% (Top 50 Zulieferer), so sanken sie bereits 2018 deutlich auf 4,6% bzw. 6,9%. Um die anstehenden Kosten zu teilen und Größenvorteile bzw. Skaleneffekte zu realisieren, werden die meisten OEMs und Zulieferer künftig weiter auf Partnerschaften oder gar Fusionen setzen. Insbesondere die Zulieferindustrie für den konventionellen Antriebsstrang jenseits der CASE-Technologien (Connected, Autonomous, Shared, Electric) steht daher vor einem Dilemma. „Einerseits müssen diese Zulieferer langfristig in Zukunftstechnologien investieren, um sich am Markt zu halten. Anderseits erhöht die derzeitige und für die nächsten Jahre erwartete schwache Absatzentwicklung den kurzfristigen Druck auf ihre Margen und Cash-Flows“, so Dr. Elmar Kades, Global Co-Lead Automotive und Managing Director bei AlixPartners. „Wenn nun auch noch das eigentlich erwartete Wachstum in China ausbleibt, folgt daraus ein deutlich höherer Investitionsanteil bei gleichzeitig sinkenden Mittelzuflüssen. Das gleicht dann einem Marsch durch die Wüste.“ Traditionell geben die OEMs den Preisdruck an die Zulieferkette weiter und werden vor dem Hintergrund der fundamentalen Branchentransformation auch jetzt erhebliche Kostenbeiträge von ihren Partnern einfordern. „Das alles bringt absehbar viele Marktteilnehmer an die Grenze der finanziellen Belastbarkeit. Ohne Kostensenkungsprogramme und Restrukturierungen wird der Turnaround in den wenigsten Fällen funktionieren. Die massiven strukturellen Marktveränderungen werden voraussichtlich auch zu erheblichen Einschnitten im weltweiten Produktionsnetz führen“, ergänzt Jens Haas, Co-Autor der Studie und ebenfalls Managing Director bei AlixPartners. So steht eine hohe Anzahl der Werke der OEMs und Zulieferer weltweit vor Restrukturierungen oder gar Schließungen.

    Das sind einige der zentralen Ergebnisse des „AlixPartners Global Automotive Outlook 2019”. Für die Studie hat die global agierende Beratung in den vergangenen Monaten die Bilanzen von mehr als 300 Automobilherstellern und -zulieferern ausgewertet sowie eine Vielzahl von Experteninterviews und Verbraucherumfragen durchgeführt.

    Elektromobilität: 2,7% Marktanteil bei verkauften Fahrzeugen und über 65% Wachstum in 2018

    Zudem verdeutlichen die in der Studie genannten Wachstumsraten, dass sich der Elektroantrieb mit 2,7% weltweitem Marktanteil bei verkauften Fahrzeugen in 2018 und einem Wachstum von über 65% bereits im unumkehrbaren Markthochlauf befindet. „Trotzdem ist die Einführung der Elektromobilität für den Massenmarkt und erst recht die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen eine große Wette der OEMs und Zulieferer auf die Zukunft. Noch steht die Höhe der Investitionen in keinem Verhältnis zur bisherigen Nachfrage“, so Kades. „Klar ist aber auch: Die massiven Investitionen sind unausweichlich, denn die Autohersteller können die strikten CO2-Vorgaben der EU nur durch den konsequenten Ausbau elektrischer Antriebe in ihrer Fahrzeugflotte einhalten.“

    E-Wachstumsmarkt China: bereits 2020 2 Mio. verkaufte E-Fahrzeuge

    Gleichzeitig hängt das Wachstum der Automobilindustrie fast ausschließlich vom derzeit schwächelnden chinesischen Markt ab. Dabei zielen sowohl die regulatorischen Maßnahmen einschließlich dem Handel mit Emissionszertifikaten („Dual Credit Policy“) und die staatlichen Förderprogramme eindeutig auf die Durchsetzung der E-Mobilität ab. Diese Wirtschaftspolitik zeigt Wirkung: China ist der klare Leitmarkt für Elektromobilität. So wurden von 2017 bis 2018 62% mehr Elektrofahrzeuge verkauft (0,8 Mio. auf 1,3 Mio.). Bereits 2020 wird voraussichtlich die Marke von 2 Mio. neuen E-Fahrzeugen pro Jahr erreicht. Bis 2025 pendelt sich die jährliche Steigerungsrate bei ca. 18% ein. Zudem beherrscht China derzeit die Wertschöpfungskette rund um die Batterien für die E-Fahrzeuge.

    Reine Verbrenner ohne zusätzliche Elektro-Unterstützung werden zum Nischenprodukt

    Vor diesem Hintergrund entwickeln sich reine Verbrenner wohl zumindest langfristig zum Nischenprodukt. Nach den Prognosen der Studie geht beispielsweise in Europa der Marktanteil von Dieselmotoren voraussichtlich in Frankreich am stärksten zurück (-81% von 2015 bis 2030), gefolgt von Großbritannien (-79% von 2015 bis 2030) und Deutschland (-73% von 2015 bis 2030). „Das Ende des Diesels erscheint mittlerweile als ein realistisches Szenario. Wir gehen im Jahr 2030 für Europa davon aus, dass nur noch jedes zehnte neu verkaufte Fahrzeug einen Dieselantrieb haben wird. Die reinen Benzinmotoren werden nach unseren Prognosen bis dahin nur noch ein Drittel des Marktes ausmachen“, sagt Haas.

    Mobilitätsdienstleistungen als Wachstumshoffnung, jedoch immer noch mit negativer Marge

    Eine Hoffnung für neue Erlösquellen liegt für viele Marktteilnehmer in Angeboten für neue Mobilitätsdienstleistungen wie Fahrdienste (Ride-Hailing), Carsharing und intermodale Mobilitätslösungen. Die Automobilhersteller sind hier noch in der explorativen Phase. Allerdings sehen vor allem die europäischen Premiumhersteller großes Potential und sind – wie das Joint Venture von BMW und Daimler zeigt – mittlerweile auch bereit, Kompetenzen zu bündeln, um aggressiven Wettbewerbern aus dem Silicon Valley die Stirn zu bieten. Die Carsharing- und Ride-Hailing-Angebote der OEMs sowie die seit kurzem börsennotierten US-Wettbewerber, wie Uber und Lyft, treffen zwar den Zeitgeist der jüngeren Generation, straucheln aber noch immer, wenn es darum geht, damit tatsächlich Geld zu verdienen. Die Spielregeln ändern sich allerdings mit der Marktreife von autonomen Fahrzeugen. Dies kann aber noch Jahre dauern. Mit großen autonomen Flotten entfallen die Kosten für die Fahrer und es lassen sich tatsächlich Skaleneffekte erzielen sowie damit ggf. langfristig einträgliche Profite erwirtschaften.

    Über AlixPartners

    Die global agierende Beratung AlixPartners steht für die ergebnisorientierte Unterstützung namhafter Mandanten bei zeitkritischen und komplexen Transformations- und Ertragssteigerungsprogrammen. Tiefgreifende Branchenexpertise und funktionale Kompetenz sowie die Kenntnis der Hebel erfolgreicher Restrukturierungen ermöglichen es AlixPartners, den Wandel von Groß- und mittelständischen Unternehmen zielgerichtet zu begleiten.

    Vom „manager magazin“ und der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management & Beratung (WGMB) wurde AlixPartners 2018 als bestes Beratungsunternehmen im Bereich Restrukturierung & Transformation ausgezeichnet. Mit etwa 1.600 Mitarbeitern ist AlixPartners weltweit in mehr als 25 Büros vertreten. AlixPartners-Berater arbeiten an herausfordernden Projekten, die die Zukunft von Unternehmen maßgeblich beeinflussen, oft in kritischen Situationen, bei denen viel auf dem Spiel steht – when it really matters. www.alixpartners.com

    Pressekontakt

    LoeschHundLiepold Kommunikation GmbH
    Roberto Freiberger
    T +49. (0)30. 4000 652-12; alixpartners@lhlk.de

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