Entgegen dem Bewusstsein: Jeder Zweite plant, am Bio-Regal zu sparen

03 April 2023
  • AlixPartners-Studie zeigt, welche Herausforderungen den Einzelhandel 2023 erwarten; Kaufkraftverlust und Preiserhöhungen wirken sich deutlich auf das Konsumverhalten in DACH aus – auf Kosten des Nachhaltigkeitstrends (YouGov-Umfrage „Wie die Teuerung das Konsumentenverhalten im Retail verändert“).
  • Die große Mehrheit der 4.000 Befragten sorgen sich aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage um die eigenen Finanzen; In Konsequenz will oder kann sich beinahe jeder Zweite keine Bio-Produkte oder nachhaltigen Waren mehr leisten.
  • Mit deutlich geringeren Abnahmemengen müssen Händler auch bei Marken- und Premiumartikeln rechnen; Discounter gewinnen weiter Marktanteile und auch an anderen Verkaufsorten gilt: Fast die Hälfte der Befragten will 2023 vermehrt zu günstigeren Artikeln greifen.
  • Non-Food-Bereiche wie Freizeit, Bekleidung oder Wohnen müssen mit einem Nachfragetief rechnen.
  • Der DACH-Ländervergleich zeigt: Schweizer gehen am gelassensten mit der Krise um.

München (03. April 2023) - Es scheint gerade erst in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein, nun verpassen Inflation, Mehrausgaben und Co. dem wachsenden Umweltbewusstsein von Konsumierenden einen deutlichen Dämpfer. Der massive Anstieg der Lebensmittelpreise um durchschnittlich 22 Prozent (Stand Februar 2023 in Deutschland[1]) setzt Konsumentinnen und Konsumenten vor den Einkaufsregalen besonders unter Druck. Eine aktuelle Verbraucherumfrage der Unternehmensberatung AlixPartners zeigt nun im Detail, wie sich das Einkaufsverhalten unter diesen Umständen verändert und weiter verändern wird – und in welchen Bereichen sich der Einzelhandel 2023 wappnen muss. Lebensmittelhändler haben hier noch den größten Spielraum: Während Kunden zwar bevorzugt zu günstigeren Produkten und Marken greifen wollen, wird die reine Einkaufsmenge hier naturgemäß am wenigsten reduziert. Non-Food-Bereiche haben das Nachsehen und müssen nach umsatzstarken Corona-Jahren mit zum Teil starken Einbußen rechnen.

„Dass sich 80 Prozent der Befragten in Deutschland vom Preisanstieg beunruhigt fühlen, hat Signalwert. Überraschend ist, wie persönliche Ziele und Überzeugungen schon jetzt dem Preisdruck erliegen: Obwohl in einer staatlichen Öko-Studie 2021 noch 47 Prozent[2] angaben, künftig vermehrt Bio kaufen zu wollen, traut sich unter den aktuellen Umständen kaum einer, die damit verbundenen Mehrkosten in Kauf zu nehmen“, sagt Nordal Cavadini, Partner & Managing Director im Bereich Einzelhandel und Konsumgüter bei AlixPartners.

Rabatt-Fähnchen statt Bio-Siegel: Discounter gewinnen Marktanteile, Tiefpreisprodukte sind gefragt

Gute Preise und Aktionen – mit 73 Prozent ist dies das stärkste Argument für den Spitzenreiter der Verkaufsorte: Den Discounter. Jeder Dritte plant, künftig vermehrt dort einzukaufen. Während die Tiefpreisgaranten am Markt also weiter gewinnen, wird der Einkauf im Fachgeschäft, in Kaufhäusern oder in Tankstellenshops zunehmend unattraktiver. Klassische Supermärkte sowie der Online-Handel halten sich und sind weiter beliebt. Ihre jeweils größten Vorzüge unterscheiden sich jedoch voneinander: Während Konsumenten Supermärkte zu 55 Prozent aufgrund ihrer guten Preise und Aktionen sowie 44 Prozent aufgrund ihrer Sortimente aufsuchen, genießt der Online-Käufer nach wie vor besonders das bequeme Einkaufserlebnis (59 Prozent). Aber auch hier überzeugen Preis und Angebot 58 Prozent der Befragten.

Der Blick aufs Sortiment zeigt: Je günstiger desto besser. Über 47 Prozent der Deutschen wollen 2023 vermehrt Tiefpreisprodukte, 43 Prozent mehr Eigenmarken aufs Kassenband legen. Eine entsprechend geringe Nachfrage ist im oberen Preissegment zu erwarten: 64 Prozent wollen weniger Premiumprodukte kaufen, 57 Prozent weniger Marken – 46 Prozent weniger Bio und nachhaltige Produkte.

Das veränderte Konsumverhalten eröffne der Branche laut Cavadini aber auch Raum für innovative Kombinationen aus Erschwinglichkeit und Nachhaltigkeit: „Beispiele hierfür sind die Wiederverwertung von Lebensmitteln, das Second-Geschäft für Kleider sowie Miet- und Reparaturleistungen für Geräte.“ 

Weniger Investitionen in Wohnen, Bekleidung oder Freizeit

Insbesondere im Non-Food-Bereich schieben Verbraucher größere Anschaffungen lieber auf und passen ihr Konsumverhalten an die gesteigerte Preissensibilität an. Während in den Lockdown-Jahren Baumarkt- und Gartenartikel noch boomten, will nun jeder Zweite Anschaffungen in diesem Bereich deutlich einschränken. Mit 64 Prozent Ablehnung trifft es den Möbel- und Einrichtungsbedarf besonders stark. Dazwischen rangieren Anschaffungen in den Bereichen Elektronik- und Haushalt, Sport- und Freizeit sowie Mode. Cavadini weiß: „Für Einzelhändler gilt es angesichts des starken Margen-Drucks, schnell die richtige Balance zu finden zwischen der Notwendigkeit, Preise zu halten bzw. weiterzugeben und zeitgleich Umsätze zu sichern. Ein ausgeklügeltes Aktions- und Rabattmanagement sowie ein kunden- und wettbewerbsorientiertes Pricing spielen hier eine zentrale Rolle.“

Tendenziell geringere Auswirkungen in der Schweiz

In Österreich nimmt ein ähnlich großer Teil der Befragten die Preiserhöhung wie in Deutschland wahr. In der Schweiz hingegen sind es vergleichsweise weniger, was sich auch mit der deutlich geringeren Inflations- und Teuerungsrate begründen lässt. Das spiegelt sich auch im Grad der Besorgnis wider: Die Schweizer sehen der Entwicklung leicht gelassener entgegen als ihre deutschsprachigen Nachbarn. 68 Prozent machen sich dort Sorgen, verglichen mit 81 Prozent in Deutschland und 84 Prozent in Österreich.

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[1] Verbraucherzentrale, 2023, URL: https://www.verbraucherzentrale.de (aufgerufen am 28.03.2023)

[2] BMEL, 2022, URL: https://www.bmel.de (aufgerufen am 28.03.2023)

Über die Studie

Für die Studie „DACH Consumer Survey: wie die Teuerung das Konsumentenverhalten im Retail verändert“ von AlixPartners wurden im Februar 2023 insgesamt 4.000 Konsumentinnen und Konsumenten online zu ihrem Konsumverhalten befragt. Die Teilnehmer stammen aus Deutschland (2.000), Österreich (1.000) und der Schweiz (1.000).

Über AlixPartners

Die global agierende Unternehmensberatung AlixPartners ist spezialisiert auf anspruchsvolle Beratungsmandate für von disruptiven Trends wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel oder Supply Chain Management besonders betroffene Unternehmen und Branchen. Zielgerichtete und ergebnisorientierte Unterstützung in hoch-relevanten, komplexen und kritischen Disruptions-, Restrukturierungs- und Transformationsprozessen ist das Markenzeichen von AlixPartners. Tiefgreifende Branchenexpertise und funktionale Kompetenz sowie die Kenntnis der richtigen Hebel aus einer Vielzahl erfolgreicher Beratungsprojekte führen in vertrauensvoller und partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den großen und mittelständischen Klienten zu dauerhaft herausragenden Ergebnissen. „When it really matters“. Vom „manager magazin“ und der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management & Beratung (WGMB) wurde AlixPartners auch 2021 als eines der besten Beratungsunternehmen ausgezeichnet. Seit über 40 Jahren unterstützen 3.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in 25 Büros weltweit die Klienten von AlixPartners.

www.alixpartners.de

Pressekontakt
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Dirk Loesch
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[1] Verbraucherzentrale, 2023, URL: https://www.verbraucherzentrale.de (aufgerufen am 28.03.2023)

[2] BMEL, 2022, URL: https://www.bmel.de (aufgerufen am 28.03.2023)