AlixPartners-Studie zu „Political Exposed Persons“ analysiert u. a. mehr als 600.000 identifizierte Tarn- und Briefkastenfirmen
Politisch exponierte Personen werden zum Hochrisikofaktor für Banken und Unternehmen
- Wirtschaftsverbrechen mit Bezug zu ausländischen Politikern oder ihrem Umfeld nehmen auch in Deutschland drastisch zu
- Allein in Deutschland werden mutmaßlich mehr als 100 Milliarden Euro jährlich gewaschen; global sind es bis zu 2 Billionen US-Dollar
- Banken und Unternehmen kämpfen damit, betroffene Politiker und ihre Verbindungsleute schnell zu identifizieren und deren Geschäfte richtig zu überwachen
- Deutscher Immobiliensektor lockt Geldwäscher aus dem politischen Umfeld an – 15 bis 30% aller kriminellen Vermögenswerte sind in Immobilien investiert
München (08.04.2019) – Die Panama Papers haben 2016 aufgedeckt, dass 140 Staatsoberhäupter, ihre Ehepartner, Minister und andere gewählte Offizielle aus mehr als 50 Ländern Verbindungen zu Offshore- bzw. Briefkastenfirmen in 21 Steueroasen haben. Der Skandal verdeutlicht eindrucksvoll: Politisch exponierte Personen (PEPs) stellen für ihre Geschäftspartner und Banken eine Hochrisikogruppe in Sachen Wirtschaftskriminalität dar. Dieses Phänomen hat sich seitdem noch verstärkt. Mithilfe von Familienangehörigen und Mittelsmännern verwalten korrupte Politiker – häufig aus Schwellenländern – viele Milliarden Euro an Schwarzgeld. Es geht um Veruntreuung, Bestechung, Sanktionsumgehungen und Geldwäsche. Briefkastengesellschaften und andere Konstrukte helfen dabei, die Verbindung zu Politikern zu verbergen. Werden global bis zu 2 Bio. US-Dollar jährlich gewaschen, so gilt für Deutschland ein Volumen von mehr als 100 Mrd. Euro als wahrscheinlich. Ein substanzieller Anteil steht in Verbindung mit Politikern und deren näherem Umfeld. Dabei gibt es eine hohe Dunkelziffer von bisher noch nicht identifizierten Finanzströmen, die über ausgeklügelte und international weit verzweigte Geldwäschesysteme auf deutschen Konten, in Unternehmen oder im deutschen Immobiliensektor landen.
Das sind einige der zentralen Ergebnisse der aktuellen „Financial Crime involving Political Exposed Persons“-Studie von AlixPartners. Die global agierende Beratung führte eine Clusteranalyse der weltweit bekannten Fälle aus dem Umfeld politisch exponierter Personen durch und zeigt Möglichkeiten der zielgerichteten Prävention, Identifikation und Abwehr von Verdachtsfällen im politischen Umfeld auf.
Das gewaschene Geld bedeutet ein enormes Compliance-Risiko für die involvierten deutschen Unternehmen und Finanzinstitute. Denn die staatlichen Behörden intensivieren weltweit die Verfolgung und Sanktionierung solcher meist grenzüberschreitender Vergehen. Um verdächtige Transaktionen proaktiv zu identifizieren und den Aufsichtsbehörden zu melden, müssen Politiker und ihnen nahestehende Personen konsequent identifiziert und Geschäfte aus ihrem Umfeld lückenlos überwacht werden.
Aktives Risikomanagement durch Screening der Kundenbasis auf PEP-Status
Darüber hinaus verdeutlichen die Antworten der von AlixPartners im vergangenen Jahr befragten Finanzmanager und Compliance-Experten von 372 Finanzinstituten aus 71 Ländern die strategische und operative Dringlichkeit dieses Themenkomplexes. So klassifizierten 72% der Befragten die PEP-Identifikation als besonders wichtig und zugleich „sehr bzw. ziemlich herausfordernd“. „Die größte operative wie strategische Aufgabe für Banken und Unternehmen besteht darin, ihre Kundenbasis rechtzeitig und genau auf einen möglichen PEP-Status hin zu untersuchen. Besondere Vorsicht gilt bei Geschäftstransaktionen mit Tarn- und Briefkastenfirmen, insbesondere dann, wenn Kunden aus Regionen oder Industrien in die Geschäfte involviert sind, die für Korruption besonders anfällig erscheinen. Dazu gehören insbesondere die Bauwirtschaft, der Bergbau, die Waffen- und Verteidigungsindustrie, Energieerzeugung, der Einkauf der öffentlichen Hand, der Gesundheitssektor und nicht zuletzt die Finanzwirtschaft“, so Dr. Veit Bütterlin, Co-Autor der Studie und Investigations- sowie Geldwäsche-Experte bei AlixPartners. „Wenn es nicht gelingt, die mit politisch exponierten Personen verbundenen Geschäftsrisiken aktiv zu managen und zu adressieren, kann das eine erhebliche strukturelle Gefahr für die beteiligten Finanzinstitute und Unternehmen darstellen. Neben größeren finanziellen Risiken aufgrund von behördlichen Strafen und Zwangsmaßnahmen drohen auch erhebliche Reputationsschäden.“
Zukunftsfonds durch weitverzweigte Finanz- und Firmenkonstrukte veruntreut
Die Studie hat mehr als 600.000 identifizierte Tarn- und Briefkastenfirmen berücksichtigt, die häufig dafür genutzt werden, gewaschene Gelder zu verschleiern oder Wirtschaftssanktionen mit Ländern und Regimen zu umgehen. Die meisten dieser Offshore-Vehikel sind in bekannten Steueroasen wie den Bahamas, den Britischen Jungferninseln oder Panama registriert. Diese Geldwäsche-Destinationen haben in jüngster Vergangenheit auch einige besonders prominente PEP-Fälle mit weit verzweigten Finanz- und Firmenkonstrukten genutzt, um mutmaßlich veruntreute Staats- und Bestechungsgelder zu waschen und aus dem jeweiligen Land zu schleusen. So sorgte insbesondere der Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB aufgrund der Verstrickung des früheren malaysischen Premierministers und anderer Regierungsmitglieder, die eine Schlüsselrolle beim Betrug des staatseigenen Entwicklungsfonds gespielt haben, für Aufsehen. Über Jahre hinweg wurden in dem Fonds angelegte Staatsgelder von bis zu 4,5 Mrd. US-Dollar veruntreut und durch ein weitverzweigtes Netz von Tarnfirmen an Regierungsmitglieder und ihre Verbündeten weitergereicht. „In diesem besonders gravierenden Fall haben die Frühwarnsysteme der involvierten Finanzinstitute und Unternehmen fundamental versagt. Es ist von enormer Bedeutung, dass sowohl Banken als auch Unternehmen einen risikobasierten Ansatz entwickeln, um solche gefährlichen Kunden vorab zu identifizieren und so Hochrisikogeschäfte standardmäßig zu durchleuchten. Zentral dafür ist die Maßgabe: Kenne deinen Kunden”, so Florian Seiferlein, ebenfalls Co-Autor der Studie und Investigations- sowie Geldwäsche-Experte bei AlixPartners.
Gewaschenes Geld befeuert deutschen Immobilienboom – Big Data im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität
Die Geldwäsche-Aktivitäten politisch exponierter Personen führen mittlerweile auch zu erheblichen Kollateralschäden im deutschen Immobiliensektor. So laden zahlreiche gesetzliche Schlupflöcher zu vermehrten Investitionen ausländischen Geldes ein, dessen Herkunft und wahre Hintermänner häufig über Briefkastenfirmen verschleiert werden. Schätzungsweise 15 bis 30% aller kriminellen Vermögenswerte in Deutschland sind in Immobilien investiert. Der Zufluss von Schwarzgeld trägt erheblich zu den Rekordpreisen auf dem Immobilienmarkt bei. Dadurch begeben sich nicht nur die Investoren in eine rechtliche Grauzone. „Vom Makler über die finanzierenden Banken bis hin zum beauftragten Notar sind alle beteiligten Akteure verpflichtet, die Herkunft der Kundengelder eingehend zu prüfen und den Behörden etwaige Verdachtsfälle zu melden“, so Bütterlin. Zudem hilft die intelligente Nutzung vorhandener Daten zur schnellen und gezielten Identifikation politisch exponierter Personen sowie zur Erkennung auffälligen Verhaltens dabei, die Herausforderungen und Compliance-Risiken im Zusammenhang mit PEPs zu meistern. „Bei stetig ansteigenden Datenvolumen und zunehmender Komplexität von Wirtschaftskriminalität ist die Verwendung von datengestützten Ansätzen essenziell“, so das Fazit von Seiferlein.
Über AlixPartners
Die global agierende Beratung AlixPartners steht für die ergebnisorientierte Unterstützung namhafter Mandanten bei zeitkritischen und komplexen Transformations- und Ertragssteigerungsprogrammen. Tiefgreifende Branchenexpertise und funktionale Kompetenz sowie die Kenntnis der Hebel erfolgreicher Restrukturierungen ermöglichen es AlixPartners, den Wandel von Groß- und mittelständischen Unternehmen zielgerichtet zu begleiten.
Vom „manager magazin“ und der WGMB wurde AlixPartners 2018 als bestes Beratungsunternehmen im Bereich Restrukturierung & Transformation ausgezeichnet. Mit etwa 1.600 Mitarbeitern ist AlixPartners weltweit in mehr als 25 Büros vertreten. AlixPartners-Berater arbeiten an herausfordernden Projekten, die die Zukunft von Unternehmen maßgeblich beeinflussen, oft in kritischen Situationen, bei denen viel auf dem Spiel steht – when it really matters.
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