Deutschland erlebt 2025 eine Welle struktureller und operativer Anpassungen: Zahlreiche Unternehmen kündigen Stellenstreichungen an – die direkte Folge wirtschaftlicher Unsicherheit, geopolitischer Spannungen und verschärften globalen Wettbewerbs.

Die Schlagzeilen sind geprägt von Personalabbauprogrammen in unterschiedlichsten Branchen. Viele Unternehmen stehen unter steigendem Kostendruck – und dieser wirkt sich meist unmittelbar auf den Personalbestand aus. Neben der Frage nach den Ursachen rückt dabei vor allem eines in den Fokus: Wie kann Personalabbau professionell und sozialverträglich gestaltet werden?

Werfen wir zuerst einen Blick in den diesjährigen AlixPartners Disruption Index. Die Umfrage unter Führungskräften zeigt deutlich, dass Unternehmen weiter vor zahlreichen großen Herausforderungen stehen – wie gestörte Lieferketten, massiver Anpassungsbedarf bei Geschäftsmodellen und anhaltende Inflation. Zudem müssen Unternehmen ihre Standorte vor dem Hintergrund der geopolitischen Lage und der amerikanischen Zollpolitik teils neu bewerten sowie starke Schwankungen in der Angebots- und Nachfragesituation setzen zusätzlich die Preisstrategien unter Druck.

Verstärkt werden diese Entwicklungen durch langfristige Trends wie die alternde Gesellschaft in Deutschland, den Fachkräftemangel in spezifischen Berufen und kulturelle Veränderungen wie Generationenkonflikte und das Thema Work-Life-Balance. Hinzu kommt der immer stärker werdende globale Wettbewerb, der aufgrund der Kostenarbitrage zwischen den Ländern dazu führt, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland weiter unter Druck gerät.

Die abnehmende Wettbewerbsfähigkeit wirkt sich bereits jetzt auf die hiesigen Unternehmen aus. So sinkt beispielsweise seit Jahren die Profitabilität des deutschen Mittelstands – das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Die steigenden Zinsen, letztlich ein Indikator für Profitabilitätserwartungen des Kapitalmarkts, führen entsprechend zu einem Kapitalengpass und im Resultat zu ausbleibenden Investitionen. 

Parallel dazu hat sich das inländische Konsumklima in den vergangenen Jahren spürbar abgeschwächt. Steigende Preise entlang aller Kostenpositionen – insbesondere bei Energie und Personal – können nicht ausreichend an die Kunden weitergegeben werden und setzen die Profitabilität weiter unter Druck. 

Insbesondere die Personalkosten rücken hierbei zunehmend in den Fokus der Unternehmen. Während die Durchschnittsgehälter in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind, hat die Produktivität überwiegend stagniert. Der in den vergangenen Jahren stetig zunehmende Fachkräftemangel sowie in Deutschland geltende Leitplanken (z.B. Mindestlohn, Tarifbindung) machen eine Trendumkehr, selbst angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen, eher unwahrscheinlich. Es bleibt abzuwarten, inwiefern aktuelle politische Impulse und Veränderung der Rahmenprämissen durch die neue Bundesregierung zeitnah einen positiven Effekt zeigen werden. 

Der wachsende Druck auf die Personalkosten zwingt immer mehr Unternehmen dazu, Personalabbauprogramme aufzusetzen – eine kritische Situation, die erhebliche Risiken birgt. Mit der Zahl der betroffenen Mitarbeitenden, Standorte und involvierten Stakeholder steigt auch die Komplexität. Verzögerungen und Behinderungen des operativen Betriebs durch Streiks, Konflikte mit Arbeitnehmern, Informationslecks oder Reputationsschäden sind nur einige der Herausforderungen, mit denen die Unternehmen bei der Umsetzung konfrontiert sind.

Personalabbau ist eine der sensibelsten Maßnahmen, vor denen Unternehmen in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und sich wandelnder Märkte stehen – denn sie betrifft weit mehr als nur die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Jede Entscheidung wirkt sich auf ein komplexes Netzwerk von Stakeholdern aus. Genau hier entscheidet sich, ob ein Unternehmen gestärkt aus der Transformation hervorgeht – oder Vertrauen verliert.

AlixPartners begleitet zahlreiche Unternehmen durch derartige Phasen. So unterschiedlich die jeweiligen Mandate gelagert sind, lässt sich doch eine zentrale Erkenntnis formulieren: Der entscheidende Erfolgsfaktor in Personalabbauprogrammen ist exzellentes Stakeholder-Management.

Denn: Personalabbau beeinflusst alle Stakeholder des Unternehmens: Mitarbeitende, Betriebsräte, Gewerkschaften, Kunden, Lieferanten, Politik, Medien und Kapitalgeber. Die unterschiedlichen Interessenslagen dieser Stakeholder erhöhen die Komplexität von Personalabbauprogrammen deutlich. Entscheidend und zugleich die größte Herausforderung ist es, diesen Stakeholdern entlang ihrer Interessenslagen individuell zu begegnen. Nur so ist ein respektvoller Umgang möglich. 

Fünf Erfolgsfaktoren für professionellen Personalabbau:

  1. Bewertung von Alternativen: Um einen professionellen Ablauf zu gewährleisten, ist eine faire Analyse der Ausgangssituation sowie der möglichen Alternativen und Verbesserungsmöglichkeiten unerlässlich. Transparenz und ein ganzheitliches Problemverständnis sind von zentraler Bedeutung. Die Entscheidungsfindung sollte objektiv nachvollziehbar erfolgen, wobei stets hinterfragt werden muss, welche unternehmerische Entscheidung die richtige ist. Zudem sollten Vorbereitungen für Rückfragen der Stakeholder getroffen werden, wie beispielsweise die Ausarbeitung einer Argumentationskette, die der Mitbestimmung vorgelegt werden kann.
  2. Ganzheitliches Konzept: Sobald ein Unternehmen die Alternativen analysiert und ein Zielbild entwickelt hat, ist die Erarbeitung eines ganzheitlichen Konzepts von zentraler Bedeutung. Anstelle der Adressierung einzelner Ursachen sollte eine umfassende Transformation das Ziel sein. Dabei sollten die verschiedenen Dimensionen vereint und letztlich alle Maßnahmen auf das definierte Zielbild ausgerichtet sein. Die frühzeitige Vorbereitung des Konzepts sowohl in der Breite als auch in der Tiefe ist essenziell, da ein Unternehmen seine Pläne im Laufe des Prozesses verschiedenen Stakeholdern nachvollziehbar erläutern bzw. zur Beratung vorlegen muss. Dadurch kann konkret beurteilt werden, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf einzelne Positionen und damit letztlich Mitarbeitergruppen haben.
  3. Vorbereitung der Verhandlungen: Als dritter Schritt ist die sorgfältige Vorbereitung der Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite von entscheidender Bedeutung. Im Anschluss an die Informations- und Beratungsphase gilt es, Verhandlungen mit dem Betriebsrat vorzubereiten. Ziel ist eine konsensuale und wirtschaftlich tragfähige Lösung im Sinne des Gesamtunternehmens, die für alle Verhandlungsparteien gesichtswahrend ist. Die zukünftige gute Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerseite sollte dabei stets im Blick behalten werden.
  4. Mix der Instrumente und sozialverträgliche Umsetzung: Sobald die inhaltlichen Hintergründe der geplanten Personalmaßnahme im Rahmen des Mitbestimmungsprozesses erörtert sind, richtet sich der Blick rasch in Richtung der geplanten personalseitigen Umsetzung, d.h. die Auswahl der geeigneten Personalabbauinstrumente, um das angestrebte Zielbild zu erreichen. In dieser Phase kommt es darauf an, die verschiedenen Personalabbauinstrumente sorgfältig abzuwägen und so zu kombinieren, dass die Sozialverträglichkeit einerseits und die Wirtschaftlichkeit (Umsetzungsgeschwindigkeit, Abfindungshöhen, Rechtssicherheit, etc.) andererseits bestmöglich gewahrt werden. 
  5. Kommunikation und Changemanagement: Personalabbau stellt immer eine besondere Herausforderung dar. Umso wichtiger ist es, diesen Prozess auch kommunikativ professionell und vorausschauend vorzubereiten. Insbesondere muss die Kommunikationskaskade in den ersten Tagen so aufgesetzt werden, dass alle Stakeholder zur richtigen Zeit mit den für sie wesentlichen Kernaussagen informiert werden. Gleichzeitig gilt es, frühzeitig den Blick auf das Changemanagement zu richten: Es muss sichergestellt werden, dass die Unternehmenskultur und die Zusammenarbeit langfristig gestärkt und nicht beeinträchtigt werden. Dies betrifft sowohl die Bindung von Leistungsträgern als auch die Motivation und die nachvollziehbare Begründung der Maßnahmen für alle verbleibenden Mitarbeitenden. Ein wertschätzender Umgang mit den Mitarbeitenden, die das Unternehmen verlassen müssen, ist darüber hinaus von zentraler Bedeutung.

Die erfolgreiche Umsetzung eines Personalabbauprogramms kann durch diese fünf Faktoren maßgeblich gestaltet werden. Dabei ist es wichtig, einen konsensbasierten Rahmen zu schaffen, der sicherstellt, dass alle Stakeholder einbezogen werden – um Vertrauen zu bewahren.

Zu beachten ist daher auch: Ein Unternehmen kann eine Organisation nur dann erfolgreich transformieren, wenn ganzheitlich gedacht wird. Auch wenn Personal in manchen Bereichen eines Unternehmens abgebaut wird, wachsen das Unternehmen und/oder einzelne Bereiche eines Unternehmens oftmals zeitgleich. Was zunächst paradox erscheint, ist vielerorts gelebte Realität. Die Lösung darf vor diesem Hintergrund nicht allein darin bestehen, auf der einen Seite Personal abzubauen und auf der anderen Seite neues Personal zu rekrutieren. Vielmehr sollte der Fokus auch auf einer aktiven Umschulung des Personals liegen – durch gezieltes Re-Skilling und die systematische Weiterqualifizierung bestehender Mitarbeitender (z.B. auch durch innovative Modelle wie Schulungsprojektgesellschaften und Personaldrehscheiben).

Transformationen gesamthaft professionell steuern: Personal als wichtiger Faktor auf der C-Level-Agenda

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Disruptionen das Management vor enorme Herausforderungen stellen. Der kombinierte Druck aus kurzfristigen Anpassungen und langfristigen Trends rückt das Thema Personalkosten noch stärker ins Zentrum unternehmerischer Entscheidungen. 

Transformationen professionell zu steuern, bleibt daher ein wichtiges Thema auf der C-Level-Agenda. Es gilt, den verbleibenden Personalstamm strategisch weiterzuentwickeln und gleichzeitig neue Fachkräfte zu gewinnen, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Das umfassende und bedachte Stakeholder-Management ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor.

Unsere Experten Workforce Transformation: Dr. Tom Gellrich, Manuel Szerencses, Fabian Englert, Marco Golic, Patrik Jacob, Georg Stammel, Nicolas Weingaertner, Katharina Schmidt, Verena Kunst & Jann Schwanninger